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VLOS DISTANCE


Wie weit sollte man mit seiner Drohne wirklich wegfliegen?

Einführung:

Seit der Einführung der neuen EASA Drohnenregeln im Jahr 2021, hat man mittlerweile einiges an Erfahrung gesammelt. Diese Erfahrungen will die EASA nun mit allen Beteiligten teilen. Dazu haben sie die Guidelines on operations in the open and specific category am 31.01.2024 veröffentlicht.

In diesem Blogbeitrag möchten wir Dir die Berechnung der so genannten VLOS-Distance einmal näher bringen. Also, los geht’s!

Achtung, Drohnenpiloten! Diese Richtlinien sind hilfreiche Tipps auf Basis von Erfahrungen, aber sie sind nicht rechtlich bindend. Sie ersetzen nicht die offiziellen Drohnengesetze, die wir alle befolgen müssen. Sie dienen nur dazu, uns das Fliegen zu erleichtern und uns zu helfen, sicherer zu fliegen.

VLOS Distance - Was ist das überhaupt?

Als gut ausgebildeter Drohnenpilot der offenen Kategorie weißt Du bestimmt, dass man die Drohne grundsätzlich innerhalb der VLOS - Visual Line of Sight, also innerhalb der persönlichen Sichtweite, fliegen muss.

Das bedeutete bisher, dass der Drohnenpilot dazu in der Lage sein muss, seine Drohne klar zu sehen, diese von Hindernissen oder anderen Luftfahrzeugen oder unbeteiligten 3. fernzuhalten und diese nicht zu gefährden.

In der Praxis war es dann meistens so, dass man durchaus so weit geflogen ist, bis die Drohne nur noch als kleiner, dunkler Punkt zu erkennen war. Bei einer DJI Mavic 3 können das dann schon mal locker 600-900m gewesen sein.

Aber wenn man ehrlich zu sich selber ist: egal wie gut die eigenen Augen sind, man kann die Drohne schon bei der Hälfte der Entfernung nicht mehr ganz eindeutig erkennen, zumindest nicht die genaue Ausrichtung und die Details.

Was also tun, wenn man zum Beispiel in großer Entfernung mit einem kleinen Vogel kollidiert und dadurch einen Propellerbruch erleidet?

Und dann kommen ja noch andere Faktoren hinzu, welche die VLOS - Distance beeinflussen, nämlich die meteorologische Sichtweite (die EASA empfiehlt ein Minimum von 5KM), die Größe der Drohne (eine kleine Drohne ist verständlicherweise nicht so gut zu sehen wie eine 2 m Drohne) und natürlich das Aussehen der Drohne (dunkle Drohne vor dunklem Hintergrund, Beleuchtung, Bemalung etc.).

Du siehst also, es ist gar nicht so einfach, einen klaren Wert zu benennen, wenn man auch noch all die verschiedenen Faktoren berücksichtigen soll.

Es ist auch so, dass die Charakterzüge eines Piloten eher darauf ausgerichtet sind, mit klaren Prozeduren und Werten umzugehen 😉.

Deshalb hat sich die EASA mit Hilfe des LBAs die Mühe gemacht Formeln zu entwickeln, mit der man die VLOS-Distance einfach berechnen kann.

Die VLOS-Distance ist also ein Wert, der Dir als Referenz dienen soll, um abzuschätzen, wie weit Du deine Drohne tatsächlich sehen kannst.

Gut, wunderbar. Aber jetzt fragst Du dich bestimmt, wie berechne ich denn nun diesen Wert?

Gemach, gemach junger Padawan! Dazu müssen wir noch 2 weitere Begriffe einführen, nämlich ALOS und DLOS

ALOS / DLOS - noch mehr Abkürzungen?

Leider ja, aber Du wirst sehen, es ist gar nicht so schlimm.

Mit ALOS wird die sogenannten attitude line of sight bezeichnet. Das ist die maximale Distanz, bis zu der ein Pilot die Position und Orientierung der Drohne eindeutig erkennen kann. Die ALOS basiert hauptsächlich auf der Größe der Drohne.

Die DLOS ist die detection line of sight. Damit wird die Distanz bezeichnet, bis zu welcher andere Luftfahrzeuge erkannt werden können und gleichzeitig auch noch ausreichend Zeit zur Verfügung steht, diesen auszuweichen.

Und nun nochmal zurück zu unserem alten Bekannten, der VLOS-Distance: das ist nun der kleinere Wert von ALOS und DLOS.

Ich sehe schon, Du kannst es kaum erwarten los zu rechnen, also auf geht’s! 😎

Die Berechnung

Ok, let’s go! Ich haue dir jetzt ein paar Formeln um die Ohren:

ALOS [m] = 327 x CD [m] + 20m

CD steht für characteristic dimensions, also die Abmessungen der Drohne. Bei den Multicoptern ist das in der Regel der Durchmesser. Das, was in eckigen Klammern steht [m], bezeichnet die Einheit, die hier verwendet werden muss. In diesem Fall also Meter. Und falls Du keine Mathe-Ass warst: es gilt immer Punkt- vor Strichrechnung. 😉

Ok, weiter geht es mit der DLOS, das ist recht einfach:

DLOS [m] = 0,3 x GV [m]

GV steht hier für ground visibility, also die Sichtweite am Boden. Die EASA empfiehlt ein Minimum von 5 km Flugsicht zum Fliegen, man darf aber einen maximalen Wert von 5 km einsetzen für die Berechnung 🤪. Die DLOS wird also maximal 1500m groß sein.

Die ground visibility darfst Du vor Ort mit Hilfe von Landmarken oder aber auch einem Transmissiometer bestimmen (falls Du eins hast 🤣). Wenn Du in der Nähe eines Flugplatzes bist, kannst Du diese auch über das METAR herausfinden.

Ok, nachdem wir nun diese beiden Werte bestimmt haben, nimmst Du einfach den kleineren der beiden Werte und sagst, dass dieser die VLOS-Distance ist.

VLOS-Distance = ALOS ↔ DLOS (das kleinere von beiden)

Nun aber genug der Theorie, lass uns mal ein paar konkrete Beispiele angucken.

Beispiele

Ok, nehmen wir als Beispiel mal eine DJI Mavic 3 Pro. Sie hat ausgeklappt eine Abmessung von 0,58m. Nun sieht die Rechnung wie folgt aus:

ALOS[m] = 327 x 0,58 + 20m = 209,66 ≈ 210m

Bei einer Sichtweite von 5000m ergibt sich für die DLOS:

DLOS[m] = 0,3 * 5000 = 1500m

Der kleiner Wert ist hier also die ALOS mit 210m!

Das bedeutet also, dass Du deine Drohne nur ca. 210m weit wegfliegen kannst… so zumindest die Empfehlung der EASA, was die VLOS-Distance anbelangt.

Vergleichen wir doch mal das Ganze mit einer DJI Mini 4 Pro. Das führt zu einer ALOS von ca. 142m!

Wer hätte das gedacht, dass man in der Theorie mit einer entsprechend Drohne nur 210m wegfliegen kann.

Hier eine Tabelle mit den wichtigsten DJI Drohnen:

ModelL

CD

ALOS

Mini 4 Pro

0,37

142

Mini 3 (Pro)

0,36

139

Phantom 4 RTK

0,35

134

Air 3

0,33

127

Air 2 S

0,3

119

Mavic 3 Pro/Classic

0,58

210

AVATA

0,18

79

Inspire 3

0,69

247

M30

0,67

238

M300 / M350

0,89

313

FlyCart 30

2,2

739

Und weil es so schön ist, hier auch nochmal die DLOS Werte bis 5000m in 500m Schritten:

GV

DLOS

500

150

1000

300

1500

450

2000

600

2500

750

3000

900

3500

1050

4000

1200

4500

1350

5000

1500

Fazit

Du siehst also, dass meistens die Größe der Drohne der einschränkende Faktor bei der Bestimmung der VLOS-Distance ist. Und hoffentlich ist Dir auch aufgefallen, dass die Distanzen doch deutlich kleiner sind als man gedacht hat, oder als man es tatsächlich bisher in der Praxis gehandhabt hat.

Also, was tun mit diesem Wissen?

Du könntest Dir deine maximale Flugdistanz und Höhe (eigentlich 120m aber wenn die VLOS-Distance < 120m ist, dann auch die Höhe) auf deine VLOS-Distance einstellen. Damit bist Du dann super safe und gehst nur ein minimales Risiko ein.

Ich persönlich nehme diese Berechnung als guten Hinweis auf und schärfe damit meine Awareness. Ich werde mich aber nicht strikt an diese Werte halten, da es doch etwas praxisfremd erscheint. Faktoren wie die Umgebung (dünn oder dicht besiedelt), Topographie und vor allem die Erfahrung des Piloten wurden hier nicht mit berücksichtigt.

Was machst Du da draus?

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Über den Autor:    Jan Evers

Jan Evers ist ein herausragender Personal Coach im Online-Kursbereich und ein anerkannter Experte auf seinem Gebiet. Mit einem Master of Science in Elektrotechnik verfügt er über umfangreiches technisches Wissen. In den letzten 10 Jahren hat Jan Drohnen nicht nur konstruiert und programmiert, sondern auch erfolgreich in großen Filmproduktionen wie "Deutschland von Oben" und verschiedenen Tatort-Folgen eingesetzt. Als aktiver Airline Pilot bringt er zudem wertvolles Fachwissen aus der professionellen Luftfahrt mit. Seine Erfahrung als Ausbilder für Airline-Piloten an einer renommierten Flugschule qualifiziert ihn besonders dafür, Lerninhalte effektiv und verständlich zu vermitteln. Jan Evers vereint Leidenschaft für Drohnen und Luftfahrt, was ihn zu einem exzellenten Coach und Mentor macht.

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